Server werden normalerweise ja mit dem Hubwagen angeliefert, diesen aber konnte man getrost einhändig zum Schreibtisch tragen, denn Thomas Krenns "Low Energy Server" im Format einer Zigarrenkiste (4,5 H x 12 B x 16 T cm) bringt es nur auf 875 Gramm ( Abbildung 1 ). Das 18-Watt-Netzteil kommt separat, ein optisches Laufwerk ließe sich auch nur extern via USB konnektieren, und an die Stelle einer Grafikkarte tritt Intels in den Chipsatz integrierter Graphics Media Accelerator in der kleinsten Ausführung GMA 500.
Lohn der Zurückhaltung bei der Ausstattung ist ein tatsächlich bemerkenswert niedriger Energieverbrauch: Um die 6 Watt sind es in Ruhe. Selbst wenn man den kleinen Server etwa mit dem Linux-Tool
»stress
«
schwer beschäftigt, kommt man unter hoher CPU-Last kaum über 8 Watt und bleibt bei I/O-Stress immer noch unter 9 Watt. Ein normaler PC-Tower schluckt unter diesen Bedingungen schon mal gerne 150 Watt. Bei all dem bleibt das Gehäuse handwarm und absolut lautlos – denn es gibt keinen Lüfter (
Abbildung 2
), die Kühlung funktioniert rein passiv. In unser Exemplar passte eine optionale, zweite Gigabit-Ethernet-Schnittstelle, alternativ wäre auch WLAN möglich gewesen.
Eine reine Serveranwendung bräuchte sicher keinen permanenten Monitor. Rechnet man den nämlich mit ein, relativiert sich der Energiesparvorteil ein wenig, denn ein Standard-Monitor frisst alleine dreimal so viel Strom wie der unbelastete Low Energy Server. In dieser Konstellation sparte ein Netbook mehr Energie, das mit einer ähnlichen CPU selbst unter Last mit 18 Watt auskommt und damit auch sein – freilich kleineres – Display versorgt.
Nach dem Booten – was unser Exemplar dank Intel-SSD an Stelle einer Festplatte recht zügig absolvierte – landet man in einem ASCII-Terminal unter einem sehr schlanken Debian 6.0.6 mit weniger als 300 installierten Paketen. Ein grafischer Desktop ist nicht am Start. Das stört nicht weiter, wenn man das Kistchen als Server ernst nimmt – als Client für eine Webanwendung oder eine Desktopvirtualisierung zum Beispiel ist es so allerdings nicht nutzbar.
Gut vorstellbar sind aber Anwendungen als LDAP-Server, als FTP- oder Fileserver, als Name- oder DHCP-Server, als (kleiner) Web- oder Mailserver und dergleichen – an passender Software mangelt es in den Debian-Repositories jedenfalls nicht. Hinzukommen manche Bereiche der Softwareentwicklung, wo es nicht um Performancetests geht und wo keine Projekte im Kernel-Format kompiliert werden. Dort tut der Kleine sicher gute Dienste. Auch wo der Server mobil sein soll, beispielsweise für Kunden-Demos, kann das Modell von Krenn seine Vorteile ausspielen. Wo genau die Grenzen verlaufen, sollen Benchmarks klären.
Für diese Benchmarks haben wir eine Reihe anderer Geräte zum Vergleich herangezogen. Der am leichtesten zu schlagende Konkurrent war ein Netbook HP mini, ebenfalls mit Atom-CPU unter einem aktuellen Ubuntu 12.04. Eine Stufe über ihm rangierte ein Mittelklasse Laptop als Mitbewerber, ein ThinkPad Edge mit Pentium B940-CPU und 4 GByte RAM. Und schließlich ließen wir auch noch einen ausgewachsenen kleinen Server antreten, einen Dell PowerEdge T110 mit Intel Core i3-CPU und 8 GByte RAM ( Tabelle 1 ).
Tabelle 1
Die Probanden
|
Krenn-Server |
Netbook |
Laptop |
DELL-Server |
---|---|---|---|---|
CPU-Typ |
Intel Atom Z530 |
Intel Atom N450 |
Intel Pentium B940 |
Intel Core i3 530 |
Takt (GHz) |
1,6 |
1,66 |
2 |
2,93 |
RAM (GByte) |
1 |
1 |
4 |
8 |
Platte/SSD |
Intel SSD SA2CW080G3 |
Hitachi Travelstar 7K500 |
WDC WD5000BPVT |
WDC WD1002FBYS |
Plattenkapazität (MByte) |
80 |
500 |
500 |
1000 |
Gemessen haben wir mit dem Sysbench-Benchmark [1] , der sowohl Aussagen über die Rechenleistung als auch über die I/O-Performance bietet und gemeinsam mit MySQL auch eine OLTP-Last bewältigt. Eigentlich ist dieser Benchmark einmal für Datenbanken entwickelt worden, aber das Zusammenspiel seiner Komponenten ergibt auch für manche andere Anwendungen einen einen ganz guten Querschnitt des aktuellen Leistungsvermögens.
Das Rechnen, so viel ist schnell klar, ist nicht die große Stärke des Stromsparservers. In dieser Disziplin belegt er den letzten Platz, noch hinter seinem Atom-Geschwister, dem Netbook. Beide werden von den Konkurrenten mit den stärkeren CPUs klar distanziert ( Abbildung 3 ).
Anders sieht es beim I/O aus: Hier ist der Stromsparserver in seinem Element, denn an seine SSD kommen mechanische Platten natürlich nicht heran ( Abbildung 4 ). Der Dell-Server hat allerdings so viel RAM, dass die 10 GByte Testfiles fast komplett in seinen Cache passen. Dadurch kommt er trotz herkömmlicher Festplatte auf kokurrenzfähige Werte. Die beiden mit RAM nicht so gut ausgestatteten Probanden stoßen dagegen an die Grenzen der Plattenmechanik. Die Kehrseite der Medaille ist freilich, dass man die drei Rechner mit Platten und ganz besonders den Dell-Server mit moderaten Kosten auf viel höhere Speicherkapazitäten aufrüsten kann, wogegen das Volumen der SSD des Stromsparservers nicht auf ein Vielfaches wachsen könnte, soll er bezahlbar bleiben.
In der Disziplin OLTP-Workload, bei der sich Zugriffe auf den Massenspeicher mit Berechnungen mischen, haben wieder die beiden Testteilnehmer mit den schwachbrüstigen Atom-CPUs das Nachsehen ( Abbildung 5 ). Das Rennen machte der überraschend gut platzierte Laptop Kopf an Kopf mit dem DELL-Server.